Wer im ersten Teil dieser Serie mitgelesen hat, weiß: Die Gefahr ist real – Erfahrung und Wissen gehen verloren, wenn Unternehmen sich nicht frühzeitig damit befassen. Doch was bedeutet „Wissen sichern“ konkret? Muss jetzt jede Abteilung ein Wiki anlegen, alle Prozesse digitalisieren und Schulungen dokumentieren?
Nicht unbedingt. Der Schlüssel liegt in einem bewussten Umgang mit Wissen – und in einem Mix aus zwischenmenschlichem Austausch, strukturierten Methoden und kluger Nutzung digitaler Möglichkeiten. Wichtig ist: Es geht nicht um Bürokratie, sondern um Zukunftssicherheit.
Bevor Wissen gesichert werden kann, muss es sichtbar werden. Oft wissen Unternehmen gar nicht, wo das kritische Wissen sitzt – oder welches davon implizit ist. Deshalb beginnt der Prozess immer mit dem Bewusstmachen:
Gerade in kleinen und mittleren Unternehmen, wo Hierarchien flach sind und persönliche Zusammenarbeit zählt, sind analoge Methoden oft der direkteste Weg, um Wissen zu sichern. Siewirken vertraut, benötigen keine große Infrastruktur – und fördern den Austauschzwischen Menschen. Kurz gesagt: Sie holen alle ins Boot, bevor es digital wird.
Tandem-Modelle: Ein Klassiker – und dennoch selten konsequent umgesetzt. Zwei Personen arbeiten für eine begrenzte Zeit eng zusammen: eine Wissensgeber:in und eine Nachfolger:in. So entsteht ein natürlicher Wissenstransfer im Arbeitsfluss. Es geht nicht nur um was, sondern auch um warum: Warum wird etwas auf eine bestimmte Weise gemacht? Welche Alternativen gibt es? Was hat in der Vergangenheit nicht funktioniert?
Praxis-Tipp: Ein einfaches Übergabeprotokoll oder ein gemeinsames Lerntagebuch kann helfen, Erkenntnisse festzuhalten – ohne großen Aufwand.
Wissensspaziergänge: Stattstarrer Übergabedokumente führt die erfahrene Person ihre:n Nachfolger:in durchihren Arbeitsalltag – von A wie Ablagesystem bis Z wie Zwischenmenschliches. Diese Methode funktioniert auch digital (z. B. per Video-Call oder Bildschirmfreigabe), bleibt aber inhaltlich nah am Menschen.
Peer-Interviews: Erfahrung lässt sich erzählen. In moderierten Interviews oder kurzen Gesprächsformaten berichten Mitarbeitende über ihre Rolle, Routinen, typische Probleme und Lösungen. Diese Interviews können intern archiviert, zusammengefasst oder für neue Kolleg:innen aufbereitet werden.
„Wissens-Stammtische“: In regelmäßigen Runden tauschen sich Kolleg:innen zu einem spezifischen Thema oder Projekt aus. Das Ziel: informelles Wissen wird ausgesprochen – und somit greifbar. Auch bereichsübergreifendes Lernen entsteht hier ganz nebenbei.
Rollentausch-Tage: Einmal die Perspektive wechseln: Eine Kolleg:in übernimmt einen Tag lang Aufgaben eines Teammitglieds und wird dabei angeleitet. Dieses Format offenbart schnellblinde Flecken und verdeutlicht, wo Wissen „zwischen den Zeilen“ steckt.
Digitale Lösungen ermöglichen nicht nur eine strukturierte Speicherung von Wissen – sie schaffen auch neue Räume für kollaboratives Lernen, barrierearme Kommunikation und zukunftsfähige Automatisierung. Gerade im Mittelstand eröffnen sich hier Chancen, die früher Großkonzernen vorbehalten waren.
Interaktive Wissensdatenbanken & Wikis: Tools erlauben es, Wissen kollaborativ zu erfassen. Im Unterschied zu klassischen Ordnern können Inhalte mit Bildern, Videos, Links und Kommentaren angereichert werden. So entsteht ein lebendiges System – kein starres Archiv.
Praxis-Tipp: Beginne klein – z. B. mit einem Themenbereich oder Projekt. So bleibt das Wiki übersichtlich und wird im Alltag schneller akzeptiert.
Videodokumentation & Screencasts: Kurze Bildschirmaufnahmen oder Erklärvideos sind oft effektiver als lange Texte. Besonders bei technischen Anwendungen oderkomplexen Prozessen lassen sich damit Abläufe schnell nachvollziehen – auch später noch, wenn die ursprüngliche Person längst gegangen ist.
Wissensmanagement-Plattformen mit KI-Unterstützung: Moderne Tools nutzen KI, um Informationen automatisch zu verschlagworten, ähnliche Inhalte zu verknüpfen oder sogar Wissenslücken zu identifizieren. Mitarbeitende müssen nicht ewig scrollen, sondern finden schneller Antworten auf ihre Fragen.
Interne Chatbots & smarte Assistenten: Warum nicht einen internen Bot einsetzen, der auf häufig gestellte Fragen reagiert, Inhalte aus dem Wissensspeicher findet oder an passende Kolleg:innen verweist? KI-gestützte Assistenten können Routinekommunikation entlasten – und Wissen dort bereitstellen, wo es gebraucht wird.
Hybride Übergabemodelle: Digitalisierung heißt nicht: Mensch raus, Technik rein. Gerade bei der Wissensweitergabe funktioniert der Mix aus analoger Nähe und digitaler Stütze besonders gut. Beispiel: Ein Tandem arbeitet analog zusammen, dokumentiert dabei Erkenntnisse direkt ins Wiki – oder nimmt Fragen und Antworten als Videotagebuch auf.
🧠Und wer jetzt denkt: „Das klingt alles toll, aber wer soll das machen?“ – keine Sorge. Der T-Hub hat starke Partner:innen aus der Region, die genau dabei unterstützen: praxisnah, mit Know-how und mit einem Blick dafür, was wirklich zu Deinem Unternehmen passt 😉
So wichtig Methoden und Tools sind – entscheidend bleibt die Haltung im Unternehmen. Nur wenn Wissenteilen als selbstverständlich und wertvoll betrachtet wird, funktioniert die Weitergabe dauerhaft. Das bedeutet auch:
Im dritten Teil unserer Serie geht es darum, wie man eine systematische Wissenssicherungsstrategie im Unternehmen verankern kann: Welche Rollen braucht es? Was können kleinere Unternehmen realistisch leisten? Und wie bleibt Wissen lebendig, auch wenn es schon weitergegeben wurde?