Kreislaufwirtschaft beginnt nicht beim Recycling – sondern schon beim Entwurf eines Produkts oder Services. Denn ob ein Produktlanglebig, reparierbar oder am Ende gut verwertbar ist, entscheidet sich oft schon im Designprozess. Genau hier liegt für kleine und mittlere Unternehmen ein zentraler Hebel: Wer heute über Materialien, Bauweise oder Nutzung nachdenkt, beeinflusst nicht nur die Qualität und Kosten von morgen, sondern auch die ökologische Bilanz.
Doch Circular Design ist mehr als nachhaltiges Produktdesign. Es verlangt ein neues Denken: in Systemen, in Nutzungskreisläufen und in Kooperationen. In diesem Beitrag zeigen wir, wie KMU den Einstieg schaffen – mit praktischen Beispielen, konkreten Prinzipien und einem realistischen Blick auf Herausforderungen.
Inder klassischen Wirtschaft denken viele Unternehmen vom Produkt ausgehend: Was lässt sich effizient herstellen, gut verkaufen und optisch ansprechend gestalten? Die Entsorgung oder gar Rückführung ist oft ein nachgelagerter Gedanke. Doch für eine zirkuläre Wirtschaft reicht das nicht. Kreislaufwirtschaft fordert eine andere Herangehensweise: nicht vom Produkt, sondern vom gesamten Lebenszyklus her zudenken: Was passiert nach der Nutzung? Kann das Produkt repariert, wieder verwendet, aufbereitet oder recycelt werden? Sind Materialien so gewählt, dass sie getrennt oder sortenrein rückgeführt werden können? Und lohnt sich das wirtschaftlich überhaupt?
Die Antwort auf diese Fragen entscheidet sich im Designprozess, also lange bevor das Produkt auf dem Markt ist. Circular Design betrachtet Produkte und Dienstleistungen als temporäre Material- und Leistungsbündel, die im Anschluss weitergenutzt oder sinnvoll zerlegt werden können. Das hat klare Vorteile:
✅Ressourceneinsparung: Weniger Primärmaterialien, niedrigere Kosten, geringerer CO₂-Fußabdruck.
✅Wettbewerbsvorteile: Kund:innenbindung durch Reparaturservices, modulare Updates oder langlebige Produkte.
✅Regulatorische Zukunftssicherheit: EU-Vorgaben wie Ökodesign-VO oder digitale Produktpässe verlangen kreislauffähige Gestaltung.
✅Innovationspotenzial: Wer Design neu denkt, findet oft neue Geschäftsmodelle (z. B. Service statt Produkt).
Kurz gesagt: Design ist keine rein ästhetische Disziplin, sondern strategischer Hebel, um Produkte und Leistungen zukunftssicher, kundenorientiert und ressourcenschonend zu gestalten.
1. Modularität
Produkte, die aus klar voneinander getrennten Bauteilen bestehen, lassen sich einfacher reparieren, austauschen oder aufrüsten. Das erleichtert nicht nur die Wartung, sondern reduziert auch den Ressourcenverbrauch über die Lebensdauer hinweg. Beispiel: Ein Möbelhersteller könnte seine Produkte so gestalten, dass einzelne Elemente, wie Polster oder Armlehnen, werkzeuglos getauscht werden können. In der Elektronikbranche könnten Geräte aus Steckmodulen bestehen, die bei Defekten oder technischen Upgrades einzeln ersetzt werden, ohne das gesamte Produkt zu entsorgen.
2. Reparierbarkeit
Produkte oder Dienstleistungen sollten so gestaltet sein, dass Reparaturprozesse intuitiv und kostengünstig möglich sind. Idealerweise auch durch die Nutzer:innen selbst oder durch regionale Partnerbetriebe. Beispiel: Ein Hersteller technischer Geräte könnte auf verschraubte Gehäuse statt geklebter setzen und offene Reparaturanleitungen bereitstellen. Auch ein Dienstleistungsunternehmen könnte Reparatur- oder Wartungsschritte als Teil des Serviceangebots mitdenken, z. B. über Fernwartung, Upgrades oder Austausch einzelner Softwaremodule.
3. Materialwahl
Die Auswahl der eingesetzten Materialienentscheidet, ob ein Produkt recycelbar, schadstofffrei und wieder verwertbar ist. Dabei spielen sowohl Monomaterialien als auch die Trennbarkeit von Komponenten eine entscheidende Rolle. Beispiel: Ein Verpackungshersteller könnte auf einheitliche Kunststoffarten statt Verbundstoffe setzen. Textilunternehmen könnten sortenreine Materialien oder biologisch abbaubare Fasern einsetzen. Auch der Einsatz von rezyklierten Materialien wird zunehmend Teil der Designentscheidung.
4. Design für Dienstleistung
Gerade in dienstleistungsorientierten Unternehmen können zirkuläre Prinzipien durch digitale Prozesse, flexible Angebote und Wartungskonzepte integriert werden, etwa durch Plattformlösungen, Mietmodelle oder Upgrades statt Neukauf. Beispiel: Ein IT-Dienstleister könnte Softwarelösungen als modularen Service anbieten, bei dem einzelne Funktionen hinzugebucht oder ersetzt werden können. Ein Handwerksbetrieb könnte Werkzeuge oder Maschinen zur Miete oder im Abo bereitstellen, inklusive Wartung, Rücknahme und Wiederverwendung.
Kreislaufwirtschaft klingt oft nach einer Win-win-Lösung: weniger Abfall, weniger Kosten, mehr Zukunftsfähigkeit. Doch in der Praxis zeigt sich schnell, so einfach ist es nicht immer. Gerade KMU stehen vor ganz konkreten Herausforderungen:
Diese Herausforderungen sind kein Gegenargument zur Kreislaufwirtschaft, aber sie zeigen, dass Lösungen nicht immer sofort verfügbar sind. Umso wichtiger ist es, Aufklärung, Austausch und praxisnahe Tools weiter voranzutreiben – damit zirkuläres Design für möglichst viele Unternehmen machbar wird.
Circular Design muss kein Großprojekt sein. Im Gegenteil: Gerade KMU profitieren davon, schrittweise vorzugehen und an konkreten Produkten oder Services anzusetzen. Diese vier Handlungsfelder helfen beim Einstieg:
1. Klein anfangen: Ein Produkt oder Angebot auswählen
Der erste Schritt kann darin bestehen, ein einzelnes Produkt oder eine Leistung genauer zu betrachten. Gibt es Komponenten, die besonders häufig defekt sind oder zu Kundenbeschwerden führen? Wird ein ganzes Produkt entsorgt, obwohl nur ein Teil versagt? Solche Fälle bieten ideale Einstiegspunkte. Oft lässt sich schon mit einfachen Maßnahmen – wie dem Austausch einzelner Materialien oder dem Einführen von Ersatzteilen – ein spürbarer Unterschied erzielen.
2. Bestehendes Design hinterfragen
Eine Designanalyse kann aufdecken, wo Produkte unnötig komplex oder schwer reparierbar sind. Sind Gehäuse verklebt statt verschraubt? Lassen sich Materialien sortenrein trennen? Gibt es Komponenten, die besonders schnell altern? Mit diesen Fragen lässt sich ein bewusster Blick auf Optimierungspotenziale richten, ohne gleich ein komplett neues Produktentwickeln zu müssen.
3. Interdisziplinär denken – intern und extern
Circular Design betrifft nicht nur die Entwicklungsabteilung. Einkauf, Service, Vertrieb oder auch externe Partner:innen können wichtige Perspektiven einbringen. Wenn alle gemeinsam über Lebensdauer, Nutzung und Rückführung nachdenken, entstehen oft bessere, realistischere Lösungen. Gleichzeitig lohnt es sich, Lieferanten frühzeitig einzubinden, etwa um Alternativen bei Materialien oder Verpackungen zu prüfen.
4. Kund:innenbedürfnisse ernst nehmen und kommunizieren
Auch bei kreislauffähigen Produkten gilt: Nur was genutzt wird, wirkt. Deshalb ist es entscheidend, die Perspektive der Kund:innen zu verstehen. Wünschen sie sich längere Haltbarkeit? Ist ein Reparaturservice attraktiv oder eher ein Hindernis? Und wie können Rücknahme- oder Tauschmodelle klar kommuniziert werden? Oft liegt der Erfolg zirkulärer Angebote darin, dass sie praktisch, transparent und einfach sind, nicht perfekt.
Circular Design ist kein Zusatz, sondern Ausgangspunkt einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft. Wer Produkte oder Services mit Blick auf Langlebigkeit, Reparierbarkeit und Materialwahl entwickelt, schafft nicht nur Nachhaltigkeit, sondern auch Resilienz und Kundenbindung.
Doch klar ist auch: Der Weg dorthin ist nicht frei von Hürden. Gerade KMU müssen mit begrenzten Ressourcen, unsicheren Standards und anspruchsvollen Märkten umgehen. Umso wichtiger ist es, sich Schritt für Schritt anzunähern – mit klugen Fragen, kleinen Pilotprojekten und einemwachsenden Netzwerk.
🔜 Ausblick: Kreisläufe sichtbar machen –Teil IV kommt bald
Im letzten Teil unserer Reihe werfen wir den Blick auf die strategische Seite der Kreislaufwirtschaft: Wie helfen Daten, Transparenz und passende Kennzahlen dabei, Produkte im Kreis zu führen? Was braucht es, damit Kreislauf zur messbaren Realität wird – auch für KMU? Bleib also dran und denk mit uns weiter im Kreis.