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Teil 1: Wissen in Rente? Warum KMU jetzt handeln müssen


14.4.2025

6
 Minuten Lesezeit

Erfahrung, die geht. Wissen, das verschwindet. Und Unternehmen, die oft zu spät merken, was sie verloren haben. Diese Serie richtet sich an alle, die in kleinen und mittleren Unternehmen Verantwortung tragen – für Teams, für Prozesse oder für die Zukunftsfähigkeit ihres Betriebs.

Denn der demografische Wandel ist längst keine abstrakte Statistik mehr. Er trifft die Wirtschaft im Alltag: Menschen scheiden aus dem Berufsleben aus – und mit ihnen jahrzehntelang gewachsenes Know-how. Wer jetzt nicht handelt, riskiert nicht nur Produktivität, sondern auch Identität und Innovationskraft.

Unsere Serie beleuchtet die wichtigsten Aspekte rund um Wissenssicherung und -weitergabe:

  1. Wissen in Rente? Warum KMU jetzt handeln müssen
  2. Wissen sichern – analog, digital und realistisch
  3. Wissenssicherung verankern – Strukturen, Rollen und Alltagstauglichkeit
  4. Wissen im Wandel – KI als Wegbereiter für das Wissensmanagement von morgen

Ziel ist kein Hochglanz-Konzept, sondern praxisnahe Impulse – damit Wissen bleibt, wo es gebraucht wird: im Unternehmen.

Teil 1: Wissen in Rente? Warum KMU jetzt handeln müssen

Langjährige Mitarbeiter:innen verlassen in den nächsten Jahren schrittweise ihre Betriebe – nicht nur in der Produktion, sondern in allen Bereichen: Verwaltung, Vertrieb, IT, Personal, Projektmanagement oder Kundenservice. Damit verlieren Unternehmen nicht nur Menschen, sondern auch Wissen. Und zwar nicht nur dokumentierte Prozesse, sondern vor allem gelebte Erfahrung, Zusammenhänge, Routinen und Einschätzungen, die oft nirgendwo festgehalten sind.

Besonders betroffen sind kleine und mittlere Unternehmen, in denen viel über persönliche Netzwerke und individuelle Erfahrung funktioniert. Während die Nachfolge häufig schwer zu organisieren ist, bleibt eine zweite Frage oft unbeantwortet: Wie kann das Wissen, das den Betrieb seit Jahren trägt, erhalten bleiben?

📉 Der demografische Umbruch: Eine stille Veränderung mit großer Wirkung

Rund 13 Millionen Erwerbstätige erreichen laut Statistischem Bundesamt bis 2036 das gesetzliche Rentenalter.1 Ein großer Teil davon arbeitet in kleinen und mittleren Unternehmen. Die Generation der Babyboomer verlässt den Arbeitsmarkt – und nimmt Wissen mit, das über Jahrzehnte gewachsen ist. Dabei geht es nicht nur um Fachwissen, sondern auch um Verständnis für interne Zusammenhänge, informelle Abläufe und Routinen, persönliche Kundenbeziehungen und Erfahrung im Umgang mit spezifischen Situationen oder Technologien.

Die Auswirkungen zeigen sich meist nicht sofort. Sie entstehen schleichend: ein holpriger Projektstart, eine länger dauernde Einarbeitung, wiederkehrende Rückfragen oder der Verlust eingespielter Abläufe. Besonders problematisch ist, dass viele Unternehmen nicht wissen, welches Wissen überhaupt verloren zu gehen droht – bis es zu spät ist.

🧠 Was niemand aufschreibt– aber alle brauchen

Wissenslücken entstehen nicht nur in Fachabteilungen oder Führungspositionen. Sie betreffen nahezu alle Arbeitsbereiche und Hierarchiestufen – unabhängig von Branche, Ausbildung oder Erfahrung. Oft ist es gerade die Kombination aus Routine, Beziehung, Praxiswissen und unternehmenskultureller Prägung, die schwer ersetzbar ist.

Hier ein paar beispielhafte Situationen, wie sie täglich in kleinen und mittleren Unternehmen vorkommen können:

  • Eine erfahrene Technikerin kennt die Eigenheiten älterer Maschinen bis ins Detail. Sie weiß, wie man bestimmte Störungen behebt – nicht, weil es im Handbuch steht, sondern weil sie seit Jahren zuhört, beobachtet und ausprobiert. Diese Fähigkeiten hat sie nie dokumentiert, sie funktionieren intuitiv – und sie funktionieren gut. Doch was passiert, wenn sie geht?
  • Ein langjähriger Vertriebsmitarbeiter pflegt enge Beziehungen zu Stammkund:innen. Er weiß, wer lieber telefonisch kontaktiert wird, wann die beste Uhrzeit für Rückrufe ist, welche Formulierungen gut ankommen und was intern besprochen werden muss, bevor ein Angebot akzeptiert wird. Ein CRM-System existiert – aber vieles steht dort nicht, denn er hat ein Gefühl für die Besonderheiten des Kundenstamms.
  • Eine Büroleiterin ist seit zwanzig Jahren im Unternehmen. Sie jongliert Termine, weiß, wo sich welcher Vertrag befindet, welche Behörde wann erinnert werden muss und wer intern welche „inoffiziellen Wege“ kennt, um Dinge zu beschleunigen. Ihre Nachfolge wird eingearbeitet – aber wie soll man all das vermitteln?
  • Ein Entwickler ist seit zehn Jahren alleinverantwortlich für ein altes, aber betriebskritisches System. Niemand sonst kennt die Datenstruktur, die Eigenheiten der Benutzeroberfläche oder die besonderen Anforderungen der angebundenen Kund:innen. Die Migration ist geplant, aber noch nicht umgesetzt – und der Entwickler geht in zwei Monaten in Rente.
  • Eine Kollegin koordiniert mehrere kleine Projekte parallel. Offiziell ist sie nicht projektverantwortlich, aber sie kennt alle Beteiligten, ihre Verfügbarkeiten, Arbeitsstile und Befindlichkeiten. Durch ihr Netzwerk und ihr Verständnis für zwischenmenschliche Dynamiken gleicht sie Engpässe aus, bevor sie eskalieren. Diese Rolle steht in keinem Organigramm – aber sie wirkt.

Diese Beispiele zeigen: Die stille Wissenslücke kann überall entstehen. Besonders dann, wenn Routinen, soziale Kompetenzen, Erfahrungswerte und persönliche Verantwortung zusammen kommen. Das macht die Weitergabe umso komplexer – und umso wichtiger.

🔍 Implizites Wissen: Das unsichtbare Kapital im Unternehmen

In jedem Unternehmen existieren zwei Arten von Wissen: explizites und implizites. Explizites Wissen ist greifbar – es steht in Handbüchern, Prozessdokumentationen, Checklisten oder Schulungsunterlagen. Es lässt sich relativ einfach weitergeben, aktualisieren oder digitalisieren. Anders ist es beim impliziten Wissen. Es ist: erfahrungsbasiert, oft nicht formell erfasst, an einzelne Personen gebunden, in Gewohnheiten, Einschätzungen und Handlungen eingebettet und schwer zu verbalisieren.

Implizites Wissen ist das, was Mitarbeiter:innen im Laufe ihrer Tätigkeit entwickeln: eine gute Einschätzung für schwierige Kund:innen, ein Gefühl für den richtigen Zeitpunkt bei Angeboten, ein Gespür für technische Störungen, das aus Geräuschen oder Gerüchen abgeleitet wird. Es entsteht im Alltag, durch Erfahrung, durch Wiederholung – und bleibt häufig unausgesprochen.

Besonders in KMU, wo Prozesse nicht immer standardisiert sind, spielt dieses implizite Wissen eine zentrale Rolle für den reibungslosen Ablauf. Doch genau deshalb ist es auch so verletzlich: Geht eine Person, ohne dass ihr Wissen übertragen wurde, entsteht eine Lücke, die sich nicht durch eine Datei oder eine kurze Übergabe schließen lässt. Die Herausforderung besteht also nicht nur darin, Wissen zu dokumentieren, sondern Wege zu finden, wie dieses implizite Wissen überhaupt erkannt, reflektiert und weitergegeben werden kann – idealerweise im persönlichen Austausch, durch Mitlaufen, Begleiten, Erklären, aber auch durch digitale Formate, die Wissen sichtbar machen.

⏰ Warum jetzt der richtige Zeitpunkt ist

Die Herausforderungen sind absehbar, und es ist kein radikaler Umbau notwendig, um Wissensverluste zu vermeiden. Aber es braucht Aufmerksamkeit, Struktur und rechtzeitige Planung. Denn Wissen lässt sich nicht auf Knopfdruck übertragen. Was es braucht sind frühzeitige Gespräche mit Mitarbeiter:innen strukturiertes Erfassen von Wissensträger:innen und deren Themen, passende Formen der Weitergabe, z.B. in Tandemmodellen, Mentoring oder gezielter Dokumentation sowie digitale Hilfsmittel zur Sicherung, Strukturierung und Verfügbarkeit von Wissen.

Dazu müssen weder große Budgets noch umfassende IT-Projekte gestartet werden. Oft reichen schon kleine, aber gezielte Schritte – vorausgesetzt, sie beginnen frühzeitig. Der Schlüssel liegt dabei nicht in der Technik allein, sondern im Zusammenspiel von Haltung, Struktur und Kommunikation.

Du möchtest herausfinden, wie es in Deinem Unternehmen um das Thema Wissenssicherung steht?
Sprich uns an – wir unterstützen gerne dabei, den nächsten Schritt zu gehen.

📌 Ausblick auf Teil II

In Teil II der Serie zeigen wir, wie Unternehmen Wissen konkret sichern und weitergeben können – analog und digital. Im Fokus stehen einfache und praktikable Methoden: von der Tandem-Einarbeitung bis zur strukturierten Wissensdokumentation, von der digitalen Wissensdatenbank bis zur lernenden Organisation. Hier gelangst du direkt zu Teil II.

‍1 Statistische Bundesamt (2022): Pressemitteilung Nr. 330, Link hier.

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